FORSCHUNGSGESCHICHTE

Smart Living Lab baut ein Gebäude der Zukunft, dessen schlichte und nüchterne Architektur jedoch alles andere als futuristisch ist und im Einklang mit den Zielsetzungen der Energiestrategie 2050 des Bundes steht. Es wird hauptsächlich aus Holz aus der Region erbaut und soll so energieeffizient, umweltfreundlich und nachhaltig wie möglich sein. Nach seiner Eröffnung im Jahr 2025 auf dem bluefactory-Gelände wird es 130 Forscherinnen und Forscher einen Arbeitsort sowie ein Labor im Massstab 1:1 bieten.

Mehrere wissenschaftliche Teams der EPFL, der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg und der Universität Freiburg werden sich die fast 5’000 m2 Fläche des Gebäudes des Smart Living Lab teilen. Auf sie wartet ein komfortabler und effizienter Arbeitsort. Das Gebäude wird zudem eine Reihe von Einrichtungen für eine breite Palette von Forschungstätigkeiten bieten. Die Bauarbeiten werden von 2023 bis 2025 dauern. Nach seiner Fertigstellung wird das Gebäude als eines der Aushängeschilder des Innovationsquartiers bluefactory im Herzen von Freiburg fungieren.

Zahlreiche Sensoren im Smart Living Lab werden verschiedene Parameter im Zusammenhang mit dem Energieverbrauch, der Umweltqualität oder der Raumnutzung überwachen. Dieses permanente Monitoring wird eine gemeinsame Datenbank und ein digitales BIM-Modell (BIM: Building Information Modeling) speisen. Dies geschieht nach dem "openBIM"-Prinzip, das die Bereitstellung der Daten und die Nachhaltigkeit der Informationen garantiert (siehe auch unten).
Aus diesen Daten entsteht ein digitaler Zwilling. Dieser soll eine kritische Bewertung des Gebäudes ab seiner Inbetriebnahme liefern, indem er insbesondere aufzeigt, ob das angestrebte Leistungsniveau erreicht wurde. Der digitale Zwilling wird auch in den Studien- und Forschungsphasen hilfreich sein, da eine Reihe von modularen Elementen es ermöglichen wird, künftig innovative Lösungen für die Bauindustrie vor Ort zu testen.

Schliesslich wird der digitale Zwilling dazu beitragen, den Bauprozess und die Überwachung der Entwicklung des Gebäudes während der Nutzung zu optimieren. Auch nach seiner Fertigstellung wird sich das Gebäude des Smart Living Lab ständig weiterentwickeln, um neue Erkenntnisse zu gewinnen, seine Leistung zu verbessern, seine Langlebigkeit zu gewährleisten und mit der Innovation Schritt zu halten.

Das volle Potenzial von BIM ausschöpfen
Da das Gebäude des Smart Living Lab von Beginn weg als Forschungsinstrument konzipiert ist, wurde es bereits in einer frühen Phase digital modelliert (BIM). Sergi Aguacil, Leiter der Forschungsgruppe Building2050 der EPFL und zuständig für die Integration von Innovation im Bauwesen, sagt: «Wir wollen zeigen, dass wir mit dem BIM-System noch viel mehr erreichen können, als dies heute der Fall ist.»
«BIM wird hauptsächlich in der Planung verwendet, wenn ein Gebäude entworfen wird», erklärt der Doktor in Architektur. «Wir nutzen BIM, um die dritte Dimension zu erforschen. Diese Modellierung ermöglicht es auch, weitere Dimensionen wie etwa Zeit hinzuzufügen, um mehr über die Entwicklung des Gebäudes, die Bau- und Betriebskosten, die Luftqualität in den Innenräumen oder die Menge des natürlichen Lichts zu erfahren.»

Eine zeitliche Kartierung des Baus
All diese Elemente will der Forscher in die Datenbank des Smart Living Lab integrieren: «Sie wird zu einer Fallstudie über die Betriebsphase eines Gebäudes.» Auch der Bauprozess wird dank regelmässiger Videos und Fotos umfassend dokumentiert werden: «So können wir den Bauprozess im Laufe der Zeit genau abbilden.

Diese Dokumentation wird es uns auch ermöglichen, das Gebäude wie ein Scanner zu zerlegen.» Und es wird dem Forscher und seinem Team helfen, die Mechanismen zu verstehen, die dazu führen, dass eine angestrebte Leistung trotz der digitalen Modellierungen nicht erreicht wird.

"BIM wird zu einer Fallstudie über die Betriebsphase eines Gebäude."



Auf der Grundlage aller dieser Daten und den digitalen Gebäudemodellen wird zurzeit ein digitaler Zwilling des Smart Living Lab entwickelt. Er wird dazu beitragen, die Überwachung und das Wartungsmanagement des Gebäudes zu optimieren. Ein von der Gruppe Building2050 mit der Forschungsinfrastruktur CELLS durchgeführter Grossversuch auf dem Gelände von bluefactory hat gezeigt, dass der digitale Zwilling nicht nur funktioniert, sondern eine Vielzahl neuer Möglichkeiten eröffnet.

openBIM – ein wichtiges Instrument für den Austausch
Die Gruppe Building2050 nutzt openBIM nicht nur, um ganz pragmatische Fragen (Bauprozess, Materialien, Technologien usw.) zu lösen, sondern trägt auch aktiv zur Optimierung dieser Technologie bei. Diese zielt darauf ab, die Interoperabilität, die Zusammenarbeit und die Nachhaltigkeit der Informationen zu erleichtern und zu verbessern, indem sie sich auf offene Datenformate statt auf proprietäre Formate stützt.

«Das Ziel eines BIM-Systems besteht darin, dass die verschiedenen implizierten Berufszweige kommunizieren und sich untereinander austauschen können,» erklärt Sergi Aguacil. Im Fall des Smart Living Lab bedeutet dies auch, dass sämtliche Forschungsteams einen einfachen Zugang zu den aktuellen und genauen Daten haben, ohne dass eine spezielle Software benötigt wird. «Die Interoperabilität der Software ist ein wichtiges Anliegen, deshalb entstehen immer mehr Open-Source-Tools. In unserem Fall entwickeln wir gerade einen Speckle-Server, der es allen Mitgliedern des Smart Living Lab erlauben wird, auf die Daten zuzugreifen, die Konnektoren aus vielen verschiedenen Softwaretypen extrahiert haben.»

Bevor BIM in einem Unternehmen eingeführt wird, müssen die Ziele und der Mehrwert von BIM für die tägliche Arbeit aller beteiligten Akteure klar definiert werden.»

«Plattformen, die auf offenen Standards basieren, konkurrieren heute mit kommerziellen Lösungen und proprietären Formaten. Aber BIM macht nur Sinn, wenn die Zugänglichkeit gewährleistet ist und eine Interaktion stattfinden kann», meint Sergi Aguacil. «Das wird noch deutlicher, wenn man den Zeitfaktor miteinbezieht. Wenn wir noch in 25 oder 30 Jahren auf diese Dokumente zugreifen und in der Lage sein wollen, ein Gebäude bis zum Ende seines Lebenszyklus zu überwachen, zu warten, zu renovieren und zu verwalten, dann müssen diese Informationen so offen wie möglich aufbewahrt werden». Die Gruppe Building2050 arbeitet mit einem IT-Team der EPFL zusammen, dass über ein sehr breites Spektrum von Fachkenntnissen verfügt. «Um die Interoperabilitätsprobleme von BIM zu umgehen oder gar zu lösen, muss man über das nötige Wissen verfügen, um sich auf Code-Sharing-Servern zurechtzufinden», erläutert der Experte. «In diesem Bereich entstehen übrigens neue Ausbildungsgänge und es werden spezifische Stellen in Architektur-, Ingenieur- und Baubüros geschaffen.»

Texte: Sophie Roulin. Photo portrait: Thomas Delley. Images: Building 2050, EPFL - Simon Pracchinetti - Nicolas Brodard, Horsform.

Galerie

Kontakt

Sergi Aguacil Moreno

Head of Building2050
Manager of the integration of innovation in the building- EPFL
-project management
-sustainable architectural technology
-design and construction processes

Sebastian Duque Mahecha

Building2050
BIM Specialist- EPFL
-modeling, simulations and algorithms
-design and construction processes
-building information modeling BIM

Information

building.smartlivinglab.ch

Building 2050 group - EPFL

Maquette numérique du Smart Living Lab

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