Andrew Sonta ist seit dem 1. September 2022 als Tenure-Track-Assistenzprofessor für Bauingenieurwesen an der Fakultät für Bau, Architektur und Umwelt (ENAC) der EPFL tätig. Er leitet das neue Civil Engineering and Technology for Human Oriented Sustainability Lab (ETHOS) im Smart Living Lab in Freiburg. Im folgenden Interview erzählt er uns mehr über seine akademische Laufbahn und seine Forschungsprojekte.

Sie werden künftig im Smart Living Lab tätig sein, ein Forschungszentrum für den Wohn- und Lebensraum der Zukunft. Welche Erwartungen haben Sie?

Es fasziniert mich, in welchem Ausmass die Forschungsaktivitäten im Smart Living Lab interdisziplinär sind. Indem wir Gruppen von Menschen zusammenbringen, die in so verschiedenen Fachbereichen wie Informatik, Architektur, Ingenieurwesen und Sozialwissenschaften tätig sind, können wir komplexe Fragen angehen, die sich aus der Verknüpfung dieses breiten Spektrums von Fachgebieten ergeben. Wenn ich über die Zukunft meines eigenen Fachbereichs Bauingenieurwesen nachdenke, dann glaube ich, dass er zwangsläufig auf Konzepte aus anderen Disziplinen zurückgreifen wird. Auf diese Weise wird er befähigt, Fragen im Zusammenhang mit der gebauten Umwelt zu lösen.

Was ist Ihr erster Eindruck von Ihrem neuen Arbeitsplatz und Gastland?

Die EPFL und das Smart Living Lab sind Orte voller freundlicher, intelligenter und hochmotivierter Menschen, die sich nicht scheuen, die wirklich schwierigen Fragen zu stellen, die sie faszinieren, inspirieren und vielleicht sogar nachts wach halten. Das Beste daran: Diese Institutionen fördern diese Art des Denkens. Ich freue mich sehr, in einem Umfeld zu arbeiten, in dem Grenzen hinterfragt werden und der Blick unablässig in die Zukunft gerichtet ist.

Welche akademischen Erfahrung haben Sie? 

Meine akademische Laufbahn wurde von der wichtigen Rolle angetrieben, die die gebaute Umwelt in unserer Gesellschaft spielt. Ich werde nie vergessen, wie ich als Bachelor-Student erstmals erfuhr, dass Gebäude für rund 40 % unseres Energieverbrauchs verantwortlich sind. Dies bewog mich, einen Bachelor of Science in Bauingenieurwesen an der Northwestern University zu machen, wo ich zudem Wirtschaft, Architektur sowie Nachhaltigkeit und Energie studierte. Danach ging ich an die Stanford University, wo ich im Rahmen des Programms Sustainable design and construction ein Masterstudium absolvierte und promovierte, wobei ich mich in meiner Forschung auf das Management von Geschäftsgebäuden konzentrierte, um sowohl die Energieeffizienz zu fördern als auch sozio-organisatorische Fragen anzugehen. Nach meiner Dissertation arbeitete ich als Postdoc am Data Science Institute der Columbia University. 

Meine bisherige akademische Laufbahn hat mir gezeigt, dass sich die gebaute Umwelt in vielfacher Hinsicht auf unsere Gesellschaft auswirkt.

Was interessiert Sie an der gebauten Umwelt und den damit verbundenen Forschungsprojekten? Auf welche Themen werden Sie sich in den kommenden Jahren konzentrieren?

Meine bisherige akademische Laufbahn hat mir gezeigt, dass sich die gebaute Umwelt in vielfacher Hinsicht auf unsere Gesellschaft auswirkt. Der Einfluss unserer Gebäude und Städte auf die Energiesysteme und die Umwelt ist wohlbekannt. Es ist aber auch wichtig, den Einfluss der gebauten Umwelt auf unsere sozialen und menschlichen Systeme zu verstehen. Ein gemischt genutztes und kompaktes Stadtviertel kann beispielsweise zur Verbesserung der Luftqualität und Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen, aber auch die Art und Weise verändern, wie Menschen im Alltag miteinander umgehen. Leider steckt unser Verständnis dieser komplexen Wechselwirkungen zwischen komplexen Systemen (Bauten, Umwelt und Gesellschaft) noch in den Kinderschuhen. Ich glaube jedoch, dass uns die heute zur Verfügung stehenden riesigen Mengen an Daten und Messgeräten helfen werden, diese Vielschichtigkeit zu beleuchten. Dadurch können wir letztendlich Eingriffe auf sämtlichen Ebenen der gebauten Umwelt planen, um unsere ökologischen und gesellschaftlichen Ziele voranzutreiben. Wie kann zum Beispiel in einem Bürogebäude Energie gespart und gleichzeitig die Produktivität und Zusammenarbeit gesteigert werden? Wie kann in einem Stadtviertel der CO₂-Fussabdruck verringert und gleichzeitig der soziale Zusammenhalt gefördert werden? Diese Art von Fragen fasziniert mich und wird die Forschung in meinem Labor weiter voranbringen.

Wie meistern Sie den Balanceakt zwischen Lehre und Forschung?

Glücklicherweise ergänzen sich Lehre und Forschung gegenseitig. Wenn wir als Forschungsgemeinschaft neue Erkenntnisse gewinnen, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir diese in unsere Studienpläne integrieren können. Ich freue mich darauf, Studiengänge zu entwickeln, die auf meiner Forschung basieren und die dazu beitragen, die kommende Generation von Ingenieur:innen und Konstrukteur:innen auf eine sich wandelnde Welt vorzubereiten.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich bin gerne draussen in der Natur – sei es beim Wandern, Laufen, Velofahren oder Inlineskaten am See. Bevor ich an der EPFL anfing, bin ich auf dem John Muir Trail in Kalifornien gewandert, ein 250 Meilen (400 km) langer Fernwanderweg in der Sierra Nevada zwischen dem Yosemite National Park und dem Gipfel des Mount Whitney (der höchste Berg auf dem US-amerikanischen Festland). Zudem koche ich gern, gehe an Konzerte und liebe den uramerikanischen Sport Baseball.